Digital Services Act und die politische Kommunikation

von Dennis Jahn

Am 9. Juni wurde das europäische Parlament neu gewählt. Die Wähler hatten sich dazu entschieden, mit ihrer Stimme die rechten Parteien zu stärken. Sobald die Verhandlungen um die Besetzung der wichtigsten Spitzenposten begonnen hatten, war von diesem Sieg konkret keine Spur mehr zu sehen. Die Altfraktionen und der Rat hatten sich wieder einmal abgesprochen, um eine Einbindung rechter Kräfte zu vermeiden und letztendlich Ursula von der Leyen in ihrem Amt zu bestätigen – gegen den Willen der Wähler, die sich gegen die Klimaprogramme der amtierenden Kommissarin gestellt und es an den Urnen zum Ausdruck gebracht hatten. Überhaupt sind der Wille des Wählers und auch dessen freie Meinungsäußerung neuerdings ein Dorn im Auge der Regierenden und der Altparteien auch in Brüssel.

Vor der Europawahl hatte die EU-Kommission noch mit dem Rat und dem Parlament den Digital Services Act (EU-Gesetz über digitale Dienste) auf den Weg gebracht. Offizielle Begründung: Desinformation und Hassrede im Netz müssen verhindert werden. In Deutschland hat die Bundesregierung nicht lange gezögert und dem Bundestag einen Gesetzentwurf vorgelegt, um den EU-Vorgaben so schnell wie möglich nachzukommen. Als der eigentliche EU-Wahlkampf in Deutschland begann, war das Gesetz über digitale Dienste schon geltendes Recht. Ganz im Sinne der Altparteien, die so die Stimme des Volkes rechtzeitig besser kontrollieren konnten.

Denn der Digital Services Act sieht hohe Sanktionen für große Internetplattformen vor, die gegen seine Bestimmungen verstoßen. Eine Strafe von bis zu sechs Prozent des Jahresumsatzes ist für Unternehmen effektiv und abschreckend. Betroffen sind Konzerne und Großunternehmen wie Google, Meta, X, TikTok, um nur einige zu nennen.

Nun sind wir alle auf diesen Plattformen präsent, um den virtuellen Kontakt mit der Welt regelmäßig, wenn nicht gar täglich zu pflegen. Hier tauschen wir uns mit Freunden und Bekannten aus und leiten auch Informationen weiter. Google und Plattformbetreiber sind aber jetzt bei Strafe verpflichtet, diesen Austausch so „sauber“ wie möglich zu halten und Falschinformationen zu löschen. Dafür müssen sie Meldestellen einrichten und mit sogenannten „Trusted Flaggers“ oder vertrauenswürdigen Hinweisgebern kooperieren. Diese wiederum haben die Aufgabe, das Netz nach Hassreden und Desinformation zu durchsieben, Hinweisen nachzugehen und sie dem jeweiligen Unternehmen zu melden. Die Verbreitung der fraglichen Beiträge und Links wird dann unterbunden.

Was aber sind Hassrede und Desinformation? Im realen Leben käme es darauf an, in welchem Land oder Kulturkreis man sich befindet, auf einem Campus oder auf einem Marktplatz. Im Netz spielt der jeweilige Standort keine Rolle. Alles wird unter die Lupe genommen, nichts wird im Kontext betrachtet.

Wenn ein strenggläubiger Katholik seine Auffassung teilt, dass es nur zwei Geschlechter gebe, kann man das als Hassrede einstufen? Ja. Denn er verneint mit seiner Aussage die Existenz jener Personen, die sich damit nicht identifizieren können, und schürt dadurch Hass, so die Annahme. Dabei ist es völlig irrelevant, mit wem er seine Weltanschauung online teilt oder ob sie gar der Wahrheit entspricht. Einzig wichtig ist, die Gefühle und die Sensibilität Dritter nicht zu verletzten, und sei es auf Kosten der freien Meinungsäußerung des Katholiken. Ein „vertrauenswürdiger Hinweisgeber“ muss ihn melden und das Social-Media-Unternehmen muss dafür sorgen, dass der Beitrag nicht weiterverbreitet wird.

Die Meinungsfreiheit wird damit per Gesetz dermaßen eingeschränkt, dass sogar die politische Arbeit der Opposition in unserem Land behindert wird. Denn in der Absolutheit, mit der Hassrede definiert wird, wird letztendlich jegliche Kritik abgewürgt – Kritik ist immer potenziell verletzend. So wurde jüngst ein 69-Jähriger wegen vermeintlicher Beleidigung verurteilt, weil er deutsche Politiker als „respektlos“, „unfähig“, „ehrlos“ und „habgierig“ beschrieb und sie als „Lügner“ bezeichnete.

Wir erleben eine Entwicklung hin zu undemokratischen Zuständen. Diese geht vom bürokratischen Kraken in Brüssel aus, der die Tentakel der Zensur um die Mitgliedstaaten schlingt. Diese Vorstufe der Unfreiheit gilt es aufzuhalten.

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